Sonntag, 2. Mai 2010

Speed-Reading

Speed-Reading

Speed-Reading beziehungsweise Schnelllesen ist eine Methode die Lesegeschwindigkeit gezielt zu erhöhen, ohne an Textverständnis einzubüßen.

Die meisten Menschen, die erstmalig von Speed-Reading hören, reagieren äußerst skeptisch. „Wozu schneller lesen, da versteht man doch nichts mehr?“ ist die Standardfrage, mit der ich mich als Speed-Reading-Trainer häufig auseinandersetzen muss.

Diese Reaktion ist durchaus nachvollziehbar, denn für Untrainierte erscheint es völlig klar, dass bei einer höheren Lesegeschwindigkeit das Verständnis zwangsläufig auf der Strecke bleiben muss.

Nach dieser Logik wäre es jedoch sinnlos ein beliebiges Training zu absolvieren, um Arbeitsschritte aller Art zu beschleunigen, denn die Fehlerzahl müsste auch dabei jedes mal rapide ansteigen. Die Skepsis ist also völlig unbegründet. Wie bei allen anderen Fertigkeiten auch, sorgt das richtige Training dafür, dass sich die Leistungen verbessern und dass die Fehlerzahl nicht erhöht wird.

Das Speed-Reading-Training

Speed-Reading ist keine aktuelle Modeerscheinung, sondern eine lang bewährte Technik, die schon seit den 1950er Jahren stetig weiterentwickelt wird. Daher gibt es bereits zahlreiche wirksame Übungen, mit denen sich die Erhöhung der Lesegeschwindigkeit zuverlässig erreichen lässt.

Üblicherweise beginnt das Training mit Übungen zur Erweiterung der Blickspanne. Ein Schnellleser fixiert nämlich nicht jedes Wort eines Textes einzeln, sondern er erfasst eine Gruppe von drei, vier oder mehr Wörtern zugleich.

Die nächste Stufe wird durch die Einführung einer Lesehilfe erreicht. In den meisten Fällen empfiehlt die Literatur einen ganz gewöhnlichen Bleistift, ein Essstäbchen oder den Zeigefinger als unterstützendes Werkzeug einzusetzen. Mit diesem führt man den Blick schnell und gezielt über die Zeilen, anstatt das Auge immer wieder auf die anstrengende Suche nach dem nächsten Wort oder nach der nächsten Zeile zu schicken.

Schon durch diese zwei kleinen Kniffe kann man die Lesegeschwindigkeit ganz leicht um ca. 10-20% erhöhen. Das klingt zwar zunächst nicht wie ein totaler Durchbruch, aber für einige Berufsgruppen oder Studenten in leseintensiven Tätigkeitsbereichen ist es ein immenser Fortschritt. In diesem Bereich schlummert daher für viele Menschen ein enormes Zeitsparpotenzial, das man im Idealfall schon als Student oder Schüler freisetzten sollte.

Um nun noch eine Vervielfachung des Lesetempos zu erreichen, ist ein langfristiges und regelmäßiges Training notwendig. Als äußerst hilfreich hierfür hat sich der Einsatz eines Metronoms erwiesen. Beim Lesen mit dem Metronom führt man die Lesehilfe bei jedem Taktschlag über eine Zeile eines Buches oder eines Textes. Man sollte am besten ganz langsam beginnen und dann immer wieder leicht die Taktzahl erhöhen. So gewöhnt sich das Gehirn Schritt für Schritt an das steigende Lesetempo und das Textverständnis hat ausreichend Zeit um sich anzugleichen.

Ein durchschnittlicher Leser erreicht vor dem Training normalerweise eine Geschwindigkeit von ca. 150-250 Worten pro Minute (=WPM). Durch die Umstellung auf das Lesen von Wortgruppen, dem Einsatz der Lesehilfe und der Verwendung des Metronoms kann die Leistung so in den Bereich von 400-600 WPM gesteigert werden, ohne das Textverständnis einzubüßen.

Es besteht auch noch die Möglichkeit die Lesefähigkeit so zu erweitern, dass mehrere Zeilen erfasst werden. Dies zu erlernen dauert jedoch sehr lange und erfordert sehr viel Selbstdisziplin.

Es gibt noch viele weitere Methoden um wirksam zu üben. Ohne ein regelmäßiges Training können jedoch keine wesentlichen Erfolge erzielt werden. Zu diesem Zweck habe ich im Trainingsbereich meiner Website zahlreiche Übungen kostenlos zum Download bereitgestellt, und es kommen ständig neue hinzu.

Um den Fortschritt zu sichern, ist es meist auch sehr sinnvoll ein Seminar zu besuchen, da das Training in einer Gruppe von Gleichgesinnten wesentlich mehr Spaß macht und einen Austausch mit den anderen Teilnehmern ermöglicht.

Speed-Reading in Deutschland

Die Speed-Reading-Technik ist in Amerika und dem angelsächsischem Raum weit verbreitet und gehört schon lange zum grundlegenden Lernangebot an Eliteuniversitäten, wie zum Beispiel Harvard oder Oxford. Auch Speed-Reading für Kinder ist üblich, und dies macht insofern Sinn, weil Kinder alle Fähigkeiten viel leichter und schneller erlernen als Erwachsene.

In Deutschland dagegen hat sich Speed-Reading noch nicht so weiträumig etabliert, aber das Angebot wächst seit einigen Jahren. Viele Trainer richten jedoch ihre Kurse an Führungskräfte oder zumindest an finanziell Bessergestellte und verlangen meist Gebühren im unteren oder mittleren dreistelligen Bereich. Dadurch werden große Teile der Gesellschaft per Preispolitik sprichwörtlich ausgeschlossen.

Dabei müsste das eigentlich nicht so sein, denn die Preisfindung ist oft kostenrechnerische Willkür. Angesichts der Tatsache, dass die Kurse mit relativ geringem Aufwand durchführbar sind und die Teilnehmer im Anschluss lange Zeit selbständig weitertrainieren müssen, bürgt ein hoher Preis nicht unbedingt für Qualität.

Lesefähigkeit und Wohlstand

Welchen Vorteil man durch den Besuch eines Kurses hat und warum es sich lohnt an der Lesefähigkeit zu arbeiten ist nicht objektiv bestimmbar. Wie mit allen anderen Kompetenzen im Leben, kommt es immer darauf an was man daraus macht.

Wer Schnelllesen dafür einsetzt, Unmengen von Liebesromanen zu lesen, der wird vermutlich nur wenig finanzielle Vorteile erlangen. Wer dagegen zahlreiche Bücher durcharbeitet, mit denen sich wertvolle Sozialkompetenzen weiterentwickeln lassen, der kann durchaus seine berufliche Position verbessern und sein Einkommen deutlich erhöhen. Dadurch amortisiert sich ein Kursbesuch meist schon nach kurzer Zeit.

Zudem verweise ich gerne auf eine Untersuchung der OECD mit dem Titel „Lesen kann die Welt verändern“. Auf den Seiten 15 und 115 wird dort beschrieben, dass es einen eindeutigen Zusammenhang gibt zwischen der Lesekompetenz eines Menschen auf der einen und dem Wohlstand, der Gesundheit und der Lebenserwartung auf der anderen Seite. Begründet wird dies mit dem Einfluss der Lesekompetenz auf die Urteilsfähigkeit, der besseren Bildung und vielen weiteren Faktoren.

Zudem ermöglicht Lesen, an den Erfahrungen anderer teilzunehmen und so den geistigen Horizont zu erweitern. Wenn auch nicht aus erster Hand, kann ein Leser die Gedankengänge und Gefühle der verschiedensten Menschen aus allen Jahrhunderten und allen Teilen der Erde nacherleben.

Lesen ist also mehr als nur das Durchlesen von Büchern. Es kann ein Schlüssel zur persönlichen Weiterentwicklung, zu mehr Wohlstand und einem kulturell erfüllten Leben sein.

Peter Kovacs

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